„Sie sehen, dass sie nichts sehen!“
Letzten Mittwoch, den 29. März 2023 war es nach jahrelangem Vorlauf endlich so weit: Die erste Gronauer Ratssitzung wird live ins Netz übertragen – dachte man als man den Tagesordnungspunkt „Bild-, Film- und Tonaufnahmen in Ratssitzungen“ las.
Tja, zu früh gefreut, denn es wurde wieder nichts mit dem Rathaus-TV für Gronau. Sie sehen also, dass Sie nichts sehen. In anderen Städten, wie beispielsweise Ahaus oder Münster, ist Streaming aus dem Ratssaal seit Jahren gang und gäbe, für Bürgermeister Doetkotte und die CDU dagegen offenbar sowas wie Raketenwissenschaft. Dabei wäre es so sinnvoll, wenn die Stadt endlich online ginge. Die Übertragung von Ratssitzungen bietet den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, politische Entscheidungen live mitzuverfolgen und nachvollziehen zu können.
Niemand erwartet eine Liveübertragung in der Qualität einer Bundestagssitzung, aber ein bisschen mehr Öffnung für die notwendige Teilhabe in Gronau und Epe ist mehr als überfällig. Nichts zu tun ist immer die schlechteste Lösung. Nur wer sich wirklich mit digitalen Technologien auseinandersetzt, kann später auch davon profitieren! Die geringen Kosten für die notwendige technische Ausstattung (Raummikrofon, Kamera, Notebook, Konferenzlösung) sind gut investiertes Geld in die Arbeit des Rates der Stadt. Denn Politik muss für die Menschen nahbar und erfahrbar sein. Das Rathaus-TV ist ein Instrument, das in Zeiten von Politikverdrossenheit ein gutes Maß an Transparenz schafft.
Darüber hinaus zeugt es von einem seltsamen Verständnis von Kommunalpolitik, wenn die unverfälschte Information über politische Entscheidungen mittlerweile seit Jahren mit fadenscheinigen Begründungen von der CDU torpediert wird! Doch auf Wunsch der CDU machte Gronau nun mal wieder nur einen Mini-Schritt und stellt Tage nach der Sitzung eine Aufzeichnung der Haushaltsreden (nicht der Debatte) ins Netz.
Hier geht es zu den YouTube-Videos … die Videothek ist (still und heimlich) eröffnet!
Man könnte meinen die Technik des Rathauses steckt noch in den 90ern fest. Allerdings sind wir der festen Überzeugung, dass der Bürgermeister die Fähigkeiten und Bereitschaft seiner Mitarbeiter deutlich unterschätzt, wenn er davon spricht, dass ein einfacher Livestream zu schwierig und zu aufwendig wäre. Statt live Rathaus-TV also erst einmal nur eine Art Rathaus-Videothek mit Inhalten der Vorwoche. Es ist wohl noch ein langer Weg zur Digitalstadt Gronau. Das zeigte im Übrigen auch der Hinweis des Bürgermeisters zur De-Publizierung; man will zwei Monate nach Veröffentlichung schon wieder löschen, statt “sechs Monate nach Beendigung der betreffenden Wahlperiode“, wie in der Musterhauptsatzung des Städte- und Gemeindebundes NRW vorgegeben – ein Muster, welches der Bürgermeister in anderen Punkten gerne heranzog.
Der Bürgermeister war sich im Anschluß auch nicht zu schade in einer wortreichen Ausführungen zu erklären, dass jede Veränderung, Speicherung oder sonstiger Nutzen abseits des von ihm vorgegebenen Weges per „Mißbrauch“ des Urheberrechts verfolgt würde und hart zu bestrafen wäre. Die Angst vor zu viel Transparenz, Kreativität oder gar Kritik war deutlich spürbar – ob er selbst, sonst omnipresent in allen Medien, derart Angst vor Neuem hat oder er für seine CDU sprach, blieb derweilen offen. Klar erkennbar war, dass die einzigen Gegenstimmen aus der CDU kamen, alle anderen Fraktionen hatten nichts gegen mehr Öffentlichkeit.