Zum Konstrukt der Genossenschaft und der (alternativlosen) Auswahl des Systempartners zum Bau und Betrieb eines Ärztehauses am Rande des Kurti haben wir einige Fragen – WN berichtete. Die hatten wir kurz in ein/zwei Tagen zusammengetragen und schriftlich noch am Wochenende vor der Ratssitzung der Stadt zukommen lassen. Vor Beginn der Rat-Sitzung am 16.11.2022 teile der Bürgermeister dann mit, dass er unsere Fragen nicht im Vorfeld beantworten würde, da die Verwaltung sich nicht in der Lage sah dies zu leisten – erstaunlich – immerhin waren knapp 3 Tage dafür Zeit und die Antworten sollten nichts beinhalten, was der Verwaltung nicht schon lange bekannt sein müsste, will Sie doch einen bedeutenden Schritt hier gehen.
Unsere Fragen waren umfangreich, aber doch sehr präzise und zum großen Teil auch schon vorher der Verwaltung bekannt, da wir in der Sitzung des HFA viele davon bereits gestellt hatten, ohne diese beantwortet bekommen zu haben.
Der Bürgermeister teilte weiter mit, er würde einen Teil der Fragen nur mündlich in der Sitzung beantworten und die Restlichen später schriftlich zu Protokoll nachreichen, das ist natürlich vollkommen inakzeptabel. Wie soll ein ordentlicher Beschluss gefasst werden, wenn den Ratsmitgliedern gar nicht alle Fragen beantwortet wurden. Das ist weder eine ordentliche Beratung, noch der Sache angemessen, geht es hier doch um viel Geld und ein wichtiges Vorhaben, das auch gelingen soll!
Wir haben daher eine Vertagung der Angelegenheit beantragt, damit die Verwaltung genug Zeit erhält die wichtigen Fragen für alle Ratsmitglieder umfassend zu beantworten. Dem ist der Rat dann auch mehrheitlich gefolgt.
Nun warten wir also auf Antworten, wer die Fragen (bzw. unser Schreiben dazu) wissen möchte, bitte sehr:
Gronau, 13.11.2022
Informationsersuchen zu TOP 15 iVm TOP 7 und 26 der Ratssitzung am 16.11.2022
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Doetkotte,
„Entscheidungen trifft man am besten, wenn man weiß, wie die Alternativen konkret aussehen“ schreiben die Westfälischen Nachrichten am 11.11.2022 richtigerweise mit Blick auf die Entscheidung zur Gestaltung der Innenstadt. Nach Jahren der Untätigkeit wird seitens der Verwaltung nun mit großem Druck versucht, das sog. Genossenschaftsmodell der Kanzlei Wolter-Hoppenberg als rechtlichen Rahmen dieses für Gronau zentralen Stadtentwicklungsprojektes durchzudrücken. Gegen Vorbehalte der Kommunalaufsicht, ohne die Alternativen gegenüber dem Rat klar dargelegt zu haben und alle Konsequenzen der Entscheidungen hinreichend erläutert zu haben.
Die Ratsmitglieder der UWG, Jörg von Borczyskowski, Susanne Reinhoffer und Elisabeth Bröker haben in vergangenen Gremiensitzungen bereits eine Vielzahl von Fragen dazu aufgeworfen, die von der Verwaltung nicht hinreichend beantwortet wurden.
Informationsrechte eines Ratsmitglieds folgen unmittelbar aus dem in § 43 GO NRW begründeten Status als Ratsmitglied. Eine Abstimmung über eine Frage, zu der den Ratsmitgliedern keine oder nur unvollständige Informationen zur Verfügung stehen, verfehlt ihren Zweck. Gerade die Debatte vor im Wesentlichen gleichem Informationshintergrund eröffnet die Möglichkeit alternativer Sachentscheidungen und Möglichkeiten des Ausgleichs widerstreitender Interessen, die sich bei einem weniger transparenten Verfahren so nicht ergeben hätten. Die sachgerechte Ausübung des Rechts zur Entscheidung über einen Beschlussgegenstand setzt die Möglichkeit zu umfassender Information über die Entscheidungsgrundlagen voraus (vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Februar 2002, 15 A 2604/99).
Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW ist der Bürgermeister verpflichtet, einem Ratsmitglied auf Verlangen Auskunft zu erteilen. Das Auskunftsrecht dient der sachlichen Aufgabenerfüllung des Ratsmitglieds. Es ist aufgrund seines Mandats berufen, eigenverantwortlich an den Aufgaben mitzuwirken, die dem Rat obliegen. Das setzt voraus, dass es über die dafür erforderlichen Informationen verfügt. Dabei darf es nicht auf die Informationen verwiesen werden, die die Stadtverwaltung von sich aus zur Verfügung stellt. Soll das Ratsmitglied sein Mandat nach seiner freien, nur durch Rücksicht auf das Gemeinwohl bestimmten Überzeugung ausüben, muss es selbst darüber befinden können, welche Informationen es für die eigenverantwortliche Erfüllung seiner Aufgaben bedarf. Entsprechend dem vorbeschriebenen Sinn und Zweck des Fragerechts ist der Bürgermeister als Leiter der Stadtverwaltung dazu verpflichtet, die Fragen eines Ratsmitglieds zu beantworten (Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. April 2010, 15 A 69/09 m. w. N).
Hierzu steht die Informationspolitik der Verwaltung gegenüber dem Rat in einem krassen Widerspruch. Beschlussalternativen wurden bislang nicht beleuchtet, stattdessen konzentriert sich die Verwaltung inkl. externer juristischer Beratung auf ein einziges Modell, welches unter allen Umständen durchgedrückt werden soll. Eine tatsächliche Abwägung der Vor- und Nachteile für die Stadt ist mangels entsprechender Informationen für die Ratsmitglieder bislang unmöglich gewesen. Damit kann auch keine sachgerechte Entscheidung getroffen werden.
Ebenso veröffentlich die Verwaltung in kurzen Abständen widersprüchliche Vorlagen und Beschlussvorschläge. Dies kulminiert in der Vorlage 634/2022 zum Haupt- und Finanzausschuss am 09.11.2022 zu der der Bürgermeister in der Sitzung erklärte, dass er zwar einen Beschlussvorschlag vorgelegt und begründet habe, diesen aber gar nicht beschlossen sehen wolle, sondern die Alternative – das Genossenschaftsmodel der Kanzlei Wolter-Hoppenberg – für das Gesamtprojekt präferiere, für das in der Vorlage jedoch eine ausführliche Auseinandersetzung fehlt. Eine solche Aufbereitung von Informationen für den Rat erfüllt die notwendigen Grundlagen für eine sachgerechte Beschlussfassung nicht.
Aus diesem Grunde beantragt die UWG-Fraktion die Entscheidung über den Tagesordnungspunkt 15 zurückzustellen bis sämtliche Informationen vorgelegt wurden, und nicht unüberschaubare Rechtsgeschäfte mit Dritten eingegangen werden.
Im Einzelnen bitten unsere Ratsmitglieder Jörg von Borczyskowski, Susanne Reinhoffer und Elisabeth Bröker um die schriftliche Beantwortung der folgenden Fragen zur Sitzung des Rates am 16.11.2022, um sachgerecht über das weitere Verfahren zur Innenstadtentwicklung entscheiden zu können:
I. Fragen zur besonderen Eignung der Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH als „Systempartner“ in einem Genossenschaftmodell zur Errichtung einer gemischt genutzten Gewerbeimmobilie
In den vorangegangenen Beratungen in den Gremien, aber insbesondere in den Sitzungen des Ältestenrates haben Berater RA Vedder und RA Hoppenberg immer auf die exponierte Stellung des sog. „Systempartners“ hervorgehoben. Nachdem jetzt offenbar keine Auswahl ausfolgen soll, sondern die Vergabe direkt an die Tochterfirma unserer Berater erfolgen soll, stellt sich für uns die Frage, worin genau eigentlich die besondere Eignung der Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH besteht, außer dass sie personenidentisch zu unseren Beratern besetzt ist? Uns sind keinerlei Referenzen bekannt, wo die Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH eine gewerblich genutzte Immobilie über das Genossenschaftsmodell realisiert hat. Bisher fand dieses Modell offenbar nur für den Wohnungsbau Anwendung. Daher ergeben sich für uns folgende Fragen:
- Worin genau liegt die besondere Eignung der Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH welche ein Auswahlverfahren obsolet machen würde?
- Welches gewerblich genutzte Objekt hat die Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH als Systempartner im Genossenschaftsmodell bereits erfolgreich realisiert? Bitte nach Ort, Projektstand und Volumen benennen.
- Worin besitzt die Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH eine besondere Expertise, welche nur sie erbringen kann und womit sie anderen Wettbewerbern / Systempartnern überlegen ist? Bitte anhand einer Bewertungsmatrix erläutern.
- Ist zu irgendeinem Zeitpunkt ein anderer Systempartner als die Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH für die Innenstadtgenossenschaft in Erwägung gezogen worden? Wenn ja, welcher? Wenn nein, wieso nicht?
- Wie wird sichergestellt, dass die Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH als Systempartner auch der wirtschaftlich sinnvollste Mitgesellschafter in der Innenstadtgenossenschaft aus Sicht der Stadt ist, wenn keine Vergleiche mit anderen Unternehmungen angestellt wurden?
II. Fragen zur „Alternativlosigkeit“ des Modells aufgrund des sonst zu erwartenden Zeitverzuges bei der Realisierung des Ärztehauses, sowie weiterer Gebäude
Obwohl der Prozess zur Innenstadtbebauung jetzt schon jahrelang läuft und der Rat bereits am 11.12.2019 einen entsprechenden Grundsatzbeschluss gefasst hat, dass die Stadt kurzfristig (!) die Neuerrichtung von drei bis vier gemischt genutzten Gebäuden am Kurt- Schumacher-Platz realisieren sollte, ist dies bis heute nicht erfolgt. In Folge der Beratung versteifte man sich stattdessen auf das sog. Genossenschaftsmodell, welches angeblich zu schnellerer Umsetzung der Bebauung führen sollte. Dieses Modell wurde maßgeblich durch den RA Vedder der Kanzlei Wolter-Hoppenberg ins Spiel gebracht, welcher offenbar aus seiner ehemaligen Tätigkeit als CDU-Bürgermeister der Gemeinde Südlohn über exklusive Kontakte in die Verwaltungsspitze verfügte, welche dann in einen Beraterauftrag mündeten.
Inzwischen sind drei Jahre ohne Planungsfortschritt ins Land gegangen, in denen mit dem üblichen VgV-Verfahren die Errichtung der Gebäude längst hätte begonnen werden können. Zugleich sind erhebliche juristische Zweifel am Genossenschaftsmodel durch die Kommunalaufsicht geäußert worden, die die Verwaltung gegenüber dem Rat jedoch nicht im Detail aufgedeckt hat, sondern nur davon spricht, dass die Verwaltungsleitung „halt anderer Auffassung als die Kommunalaufsicht sei“.
Offenbar um wenigstens irgendetwas machen zu können, soll nun eine „Probegenossenschaft für ein Ärztehaus“ wie ein Ratsmitglied das vorliege Konstrukt kürzlich nannte, realisiert werden und da sei die Auswahl des Systempartners Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH aus Zeitgründen alternativlos. Diese Aussage bezweifeln wir und stellen darum folgende Fragen:
- Den kommunalaufsichtlichen Bedenken zum Trotz erklärte BM Doetkotte im HFA am 09.11.2022, dass er am Plan, das gesamte Areal mit der Genossenschaft inkl. Partner Pyramis bebauen zu wollen festhalte. Hat es juristische Beratungen jenseits der interessengeleiteten von Kanzlei Wolter-Hoppenberg gegeben, die die Stadt in der Auffassung bestärken, dass die Bedenken der Kommunalaufsicht unbegründet sind? Wenn ja, welche?
- Erwägt die Stadt Gronau eine Klage gegen den Kreis Borken als Kommunalaufsicht, bei einer Versagung der Realisierung des Gesamtprojektes mit der Innenstadtgenossenschaft? Wenn ja, wie lange würde ein solcher Rechtsstreit voraussichtlich dauern und damit die Bebauung des Kurt-Schumacher-Platzes weiter verzögern?
- Die Verwaltung hat das Genossenschaftsmodell der Kanzlei Wolter-Hoppenberg unter anderem damit begründet, dass ein Bau von gemischt genutzten Immobilien auf dem Kurt-Schumacher-Platz mit den bestehenden städtischen Gesellschaften nicht möglich sei. Nun aber schlägt die Verwaltung vor, einen Teil des Areals durch die Stadtwerke mit genauso einem Gebäude in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrages bebauen zu lassen. Wie begründet sich der Sinneswandel und seit wann ist der Verwaltung bekannt, dass die ursprünglich erteilte Information nichtzutreffend war?
- Ist es zutreffend, dass in der WGG Wohnbau- und Grundstücksgesellschaft der Stadt Gronau (Westf.) mbH & Co. KG ein rechtliches Gutachten zu diesem Themenkomplex vorliegt, welches dem Rat bisher nicht zur Kenntnis gegeben wurde? Wenn ja, zu welchem Ergebnis kommt dieses Gutachten und wann werden die Ratsmitglieder dieses Gutachten erhalten?
- Es ist nicht klar ersichtlich, warum der Systempartner auch unbedingt einer der Genossenschaftler sein muss. Es entsteht der Eindruck, dass hier in erster Linie reine wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen. Ist es nicht möglich ein Genossenschaftsmodell zu wählen, wo die die Stadt und zwei städtische Gesellschaften die Genossenschaftsmitglieder stellen und die Planungsleistungen vergeben werden? Wo wären die Vor- und Nachteile zu dem vorgeschlagenen sog. „Detmolder Modell“, welches unser juristische Berater RA Hoppenberg nach eigenem Bekunden „erfunden“ hat, um die gesetzlich vorgeschriebenen VgV-Verfahren zu umgehen?
- Zu TOP 7 beantragt die CDU-Fraktion die Bedenken der Kommunalaufsicht hinsichtlich des §107 und §108 der GO NRW, sowie einer ggf. notwendigen Marktanalyse zu klären und wie sich andere Umsetzungsvarianten wirtschaftlich und juristisch für die Stadt darstellen. Da der Grundsatzbeschluss zur Bebauung des Kurt-Schumacher-Platzes schon aus Dezember 2019 stammt, fragen wir wieso wurden diese Fragen bisher nie geprüft? Hat sich die Stadtverwaltung bewusst gegen die Prüfung der Wirtschaftlichkeit entschieden oder ist dies schlicht nie bedacht worden, dass eine solche Prüfung sinnvoll wäre?
- Wie lange wird die durch die CDU-Fraktion angeregte Prüfung voraussichtlich dauern und wer wird diese mit welcher Expertise durchführen?
- Da die Kanzlei Wolter-Hoppenberg ganz offensichtlich ein Eigeninteresse hat, der Stadt die mit ihr verbundenen Gesellschaft Pyramis Immobilien Entwicklung GmbH als Systempartner anzudienen, kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die Beratung nicht nur an den Interessen der Stadt orientiert erfolgte, sondern am wirtschaftlichen Eigeninteresse der Kanzlei. Warum sind die Empfehlungen der Kanzlei Wolter-Hoppenberg daher nicht durch unabhängige Juristen einer anderen Kanzlei geprüft worden, um Interessenkonflikte auszuschließen?
III. Fragen zu den finanziellen Auswirkungen der vorliegenden Konstrukte
Die Verwaltung will eine Quartierentwicklungsgesellschaft Gronau mbH (QEG mbH) gründen, die ebenfalls Gesellschafterstellung in der Innenstadtgenossenschaft erhalten soll. Der Kämmerer gibt die laufenden Sach- und Personalkosten der Gesellschaft mit „Null Euro“ an. Dies ist erstaunlich und offenkundig falsch! Der alleinige Hinweis des Kämmerers das ja noch kein Wirtschaftsplan vorliege, darf getrost der beginnenden Karnevalszeit zugerechnet werden und kann nicht als seriöse Beantwortung einer berechtigten Frage gelten. Daher präzisieren wir unsere Fragen hierzu wie folgt:
- Wird die Gesellschaft Personal benötigen? Wenn ja, wie viel und in welcher Höhe wird dieses voraussichtlich dotiert?
- Wird die Gesellschaft Räumlichkeiten und Sachmittel zur Bewältigung ihrer Aufgaben benötigen? Wenn ja, wo und in welchem Umfang?
- Wie werden diese Kosten für Personal, Räume und Sachmittel bezahlt, wenn die Stadt als 100% Gesellschafterin dafür keine Mittel zur Verfügung stellt?
- Plant die Verwaltung Kosten im Haushaltsentwurf für das Jahr 2023 ff hierfür ein?
Wenn ja, in welcher Höhe? Wenn nein, wie soll die QEG mbH der Genossenschaft beitreten, wenn sie über kein Kapital und über kein Personal verfügt? - Der Rat hat beschlossen, dass die Gemeinkosten der „Kommunalen Genossenschaft Innenstadt Gronau e.G.“ nicht mehr als 3% vom Umsatz betragen dürfen. Wie wird dies sichergestellt?
- Der Bürgermeister hat erklärt, es sei „vorgesehen“, dass sich Projekt- und Investitionskosten für das Projekt „Ärztehaus“ durch Vermietung amortisieren. Ist dies sichergestellt? Wenn ja, auf welche Weise? Wenn nein, in welcher Höhe trifft die Stadt eine Nachschusspflicht?
- Was geschieht, wenn die Genossenschaft „Kommunale Genossenschaft Innenstadt Gronau e.G.“ von Insolvenz bedroht ist, etwa weil Baukosten unvorhergesehen steigen oder weil sich das Projekt nicht in ausreichender Form am Kapitalmarkt beleihen lässt, um die Investitionen zu stemmen?
- Wodurch kann abgesichert werden, dass eine Insolvenz des Systempartners das gesamte Projekt gefährdet wird? Wodurch können etwaige Regressansprüche von künftigen Mietern abgesichert werden, sollte es zu Verzögerungen im Projektablauf kommen, welche nicht die Stadt oder die QEG mbH zu verantworten haben?
- Sollte es zu finanziellen Problemen innerhalb der Genossenschaft kommen und eine Nachschusspflicht oder Bürgschaft notwendig werden, würde dann auch die Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH mit gleichen Teilen daran beteiligt werde? Wenn ja, wie würde das rechtlich abgesichert?
IV. Arbeitsweise innerhalb der Genossenschaft und Aufgabenverteilung (Pflichtenheft / Leistungsumfang) sowie Abläufe des tatsächlichen Handelns und der daraus resultierenden Vergütungen nach HOAI
Einzig die Höhe der Einlage in die Genossenschaft von 500 Euro ist festgelegt. Weitere Konditionen und Erwartungen, sowie Aufgaben und Verpflichtungen für die Arbeit des Systempartners sind nicht festgelegt. Dass der Systempartner seine Aufwendungen nach HOAI abrechnen soll, ist ebenfalls geplant. Allerdings nicht, was für Leistungen genau dafür erbracht werden sollen und auf welcher inhaltlichen Grundlage? Bisher sind keine Mieter bekannt, ebenso ist die Nutzung neben den Mietern aus dem Gesundheitsbereich unklar. Hieraus ergeben sich folgende Fragen:
- Wie kann sichergestellt werden, dass die Planungen dem entsprechen, was der Rat sich vorstellt, wenn einzig der Systempartner über ausreichende fachliche Expertise in der Genossenschaft verfügt und zeitgleich nichtöffentlich ohne Einflussnahme der politischen Gremien agiert wird und damit Entscheidungen über Art und Güte der zu erbringenden Leistungen und Planungen befindet?
- Wie kann sichergestellt werden, dass es nicht zu einer Schnittstellenproblematik zwischen dem Systempartner, welchem die Planung und den Bau des Gebäudes innerhalb der Genossenschaft obliegt und dem städtischen Berater Firma Valetudo welcher für die Mieterakquise zuständig ist, nicht zu Reibungsverlusten und Missverständnissen kommt? Wie wird die Kommunikation aus der „geschlossenen Genossenschaft“ und den politischen Gremien in dieser Frage sichergestellt?
- Da der Systempartner sowohl die Ausschreibungen, als auch die Vergaben vorbereitet und zur Ausführung und Beauftragung bringen lässt, stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien die Betriebe ausgesucht werden. Wird hier auch auf einen vorher eingeschränkten Unternehmerpool zurückgegriffen, oder möglicherweise weitere Partnerunternehmen der beratenden Kanzlei exklusiv bevorzugt, oder können auch lokale Unternehmen an den Ausschreibungen teilnehmen?
- Wie kann sichergestellt werden, dass innerhalb der geschlossenen Genossenschaftsstruktur den Anforderungen des Gesetzes zur Verbesserung der Korruptionsbekämpfung (Korruptionsbekämpfungsgesetz – KorruptionsbG) Rechnung getragen wird?
- Bei öffentlichen Vergaben gibt es klare Regeln, wonach Aufträge vergeben werden. Unter anderem gibt das städtische Rechnungsprüfungsamt zu jeder Vergabe eine Einschätzung und Vergabeempfehlung den zuständigen Gremien ab. Wie ist dies im Genossenschaftsmodell geregelt? Ist es vorgesehen, dass das städtische Rechnungsprüfungsamt in die Vergaben eingebunden wird? Wenn nein, wer übernimmt dann diese Funktion?
- Welche Möglichkeiten hat die Stadt Gronau der Genossenschaft gegenüber, wenn es zu Verzögerungen und / oder Mängeln beim Bau des geplanten Objekts kommt? Da der dafür zuständige Systempartner gleichzeitig auch Genosse ist und sowohl in der Generalversammlung einen Platz inne hat, als auch im Vorstand und Aufsichtsrat vertreten ist, stellt sich die Frage, wie im Fall von Rechtsstreitigkeiten diese Verkettungen und Abhängigkeiten aufgehoben werden können um bei etwaigen Verfehlungen den Systempartner diesen in Regress zu nehmen? Wäre hier ein klares Auftragsverhältnis wie z.B. mit einem Planungsbüro nicht vorteilhafter? Wenn nein, warum nicht?
- Durch das Genossenschaftsmodell sollen die gängigen Vergabe- und Kontrollverfahren umgangen werden um „schneller und flexibler“ die Bebauung in der Innenstadt zu realisieren. Aber ausgerechnet, wenn es um die Vergütung des exklusiven Systempartners geht, wird als Basis die HOAI vorgeschlagen. Warum wird die Leistung des Systempartners nicht frei verhandelt oder pauschaliert? Wäre das nicht eine kostengünstigere Variante für die Stadt Gronau? Wenn nein, bitte erläutern worin der wirtschaftliche Vorteil der HOAI-basierten Abrechnung für die Stadt liegt.
V. Kontrolle des Rates nach § 55 GO NRW ggü. der Verwaltung und städtischen Organen / Beteiligungen
Die Berater RA Vedder und RA Hoppenberg haben immer wieder betont, dass die politisch Verantwortlichen jederzeit einen Durchgriff und eine Steuerungsmöglichkeit auf das Handeln der Genossenschaft haben. In den Vertragsentwürfen findet sich dazu nichts. Der Beirat ist juristisch gesehen irrelevant und hat keinerlei Weisungsbefugnisse. Die Generalversammlung hat absolute und von ihrer Organstellung unentziehbare Zuständigkeiten, jedoch kein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand, und zwar weder im Allgemeinen noch in besonderen Geschäftsführungsangelegenheiten und wegen der Eigenverantwortlichkeit des Vorstands gem. § 27 Abs 1 GenG auch nicht kraft Satzung. Das heißt aber auch, dass dieses Weisungsrecht nicht durch beispielsweise eine Weisungsbindung des Rates auf Generalversammlungsmitglieder oder Vorstände erfolgen kann. Aus diesem Grunde formulieren unsere Berater RA Vedder und RA Hoppenberg in dieser Angelegenheit auch immer recht vage und unbestimmt. Daher präzisieren wir unserer Fragen zu diesem Themenkomplex wie folgt:
- Wie genau (bitte mit Angabe der Rechtsgrundlage) kann eine Weisung des Rates der Stadt Gronau auf die Generalversammlung und / oder auf den Vorstand erfolgen, um Einfluss auf das Geschehen innerhalb der Genossenschaft zu nehmen, ohne gegen das Genossenschaftsgesetz zu verstoßen?
- Wurde diese Thematik mit der Kommunalaufsicht erörtert und wie wurde die direkte Einflussnahme des Rates auf die Genossenschaft bewertet?
Unabhängig davon, dass aus unserer Sicht dieses Genossenschaftsmodell einzig dazu entwickelt wurde, um die gesetzlich gültigen VgV-Verfahren mithilfe des Genossenschaftsgesetzes zu umgehen, dient es ebenso dazu das Kontrollrecht des Rates nach § 55 GO NRW auszuhöhlen und zu unterminieren um eine intransparente und geschlossene Umgebung zu schaffen.
Denn selbst wenn man annähme, der Rat der Stadt Gronau würde den Bürgermeister als Generalversammlungsmitglied anweisen, stellt sich die Frage auf welcher rechtlichen Grundlage er das könnte? Ebenso dürfte es schwierig werden auf den / die Geschäftsführerin der QEG mbH einzuwirken.
Hier könnte der Rat höchstens die Gremienmitglieder der Gesellschafterversammlung anweisen, dass sie wiederum den / die Geschäftsführerin anweisen entsprechend in der Generalversammlung zu handeln. Der / die Geschäftsführerin könnte sich wiederum auf seine Rechte und Pflichten als Geschäftsführerin berufen und z.B. aus Interessensüberlegungen für die QEG mbH sich dieser Anweisung widersetzen (vgl. § 37 Abs. 1 GmbHG).
Dieser gesamte Ablauf müsste dann noch durch den Rat in Gang gesetzt werden in völliger Unkenntnis, welche Entscheidungen gerade in der Genossenschaft anstehen und was sich aktuell auf der Tagesordnung befindet und ist damit aus unserer Sicht de facto nicht machbar. Deshalb ergeben sich hierzu folgende Fragen:
- Wie und auf welcher rechtlichen Grundlage kann der Rat den Bürgermeister als Generalversammlungsmitglied anweisen?
- Wie und auf welcher rechtlichen Grundlage kann der Rat den / die Geschäftsführerin der QEG mbH als Generalversammlungsmitglied anweisen?
- Wie und auf welcher rechtlichen Grundlage kann der Rat das Generalversammlungsmitglied des Systempartners anweisen?
- Wie kann sichergestellt werden, dass der Rat rechtzeitig über anstehende Entscheidungen informiert wird, um ggf. von seinem Weisungsrecht Gebrauch zu machen?
Abschließend stellt sich für uns die Frage, wie genau die Bewertung dieser äußerst komplexen Sachverhalte durch die Kommunalaufsicht ausgefallen ist. Die Verwaltung hat uns immer wieder mitgeteilt, dass es dazu keine Bedenken gäbe, aber schriftliche Stellungnahmen liegen uns bisher dazu nicht vor. Darum bitten wir um die schriftliche Auskunft der Kommunalaufsicht hierzu, um uns selbst ein Bild zu den getätigten Auskünften machen zu können. Des Weiteren erwarten wir eine rechtliche Bewertung zu dem hier vorliegenden VgV-Umgehungsmodell durch einen neutralen juristischen Berater, welcher nicht als exklusiver Systempartner mit Gewinnerzielungsabsicht auftritt und damit möglicherweise befangen ist.
Wir erwarten die schriftliche Beantwortung unserer Fragen bis zur Ratssitzung am 16.11.2022 durch die Verwaltung um sachgerecht über die anstehende Exklusivbeauftragung des Systempartners unter TOP 7 entscheiden zu können, vielen Dank.